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Bauern- und Wurzgärten

Gestern hielt ich einen Vortrag über die Schätze aus Bauern- und Wurzgärten. Gern mag ich Euch ein wenig teilhaben lassen. Die Reise führte uns von der heilkärftigen Sonnenblume bis hin zu den Apolloniabeeren der Pfingstrose.

Der Bauerngarten

Bauerngärten sind ein Bild in unserer Landschaft, in unseren Gärten, die an Tradition, Bräuche und an unsere Großeltern erinnern. Bei uns in Berndorf am Haunsberg hieß der Bauerngarten meiner Großmutter „Wurzgarten“.

Wenn man geschichtlichen Überlieferungen folgt, so wurde ja der Begriff „Bauerngarten“ im Jahre 1855 von Anton Kerner eingeführt, weil dieser damals schon befürchtete, dass dieser Typ des Gartens einmal aussterben würde. Die Gartenkultur und Gartenstile verändert sich dauernd, ebenso wie die Baustile der Wohnarchitektur. Und so passen sich Gärten an die Bauwerke an. Mit dem Verschwinden klassischer Bauernhöfe, wurden auch die besagten Bauerngärten zunehmend weniger.


In Freilichtmuseen gibt es nach wie vor noch immer viele Typen von Bauern- und Wurzgärten zu bestaunen.

Und so gilt es zu bewahren, was unsere Großmütter und Großväter uns hinterließen und so manch einer wird Gefallen finden an einem kleinen Bauerngärtchen, und sei es noch so klein, und wird sich selbst wieder neu eins anlegen.

Beeinflusst wird der Bauerngarten natürlich von den klimatischen Bedingungen und auch ob der Garten in einem Dorf oder in stadtnähe liegt. Das erste Erkennungsmerkmal eines Bauerngartens ist stets die markante Umzäunung. In den letzten Jahren wurden vermehrt die Staketenzäune in Meterware angeboten und diese umzäunen heute die Gärtlein. Jedoch traditionell findet sich der gute alte Kalenderzaun um einen echten Bauerngarten. Für jeden Tag des Jahres stand eine Latte und in manchen Gärten waren sogar die Geburtstage der Hausbewohner auf die betreffenden Zaunlatten notiert. So verwebten sich Garten, Haus und deren Bewohner.

Manche beschrifteten auch die Tage an denen Heilige ihr unsere alten Bauernregeln hinterließen. Der Bauerngarten und alte Bauern- und Wetterregeln sind unzertrennlich.



Der Kalenderzaun – ein Schmuckelement im Bauerngarten – nützlich, schützend und schon fast a bisserl magisch, wenn man all die Geschichten darüber verfolgt.

Bauernregeln im Bauerngarten

365 Tage – 365 Latten im Kalenderzaun.

Am 17. März ist der Gertrudentag, traditionell empfiehlt die Bauernregel, ab da mit dem Gärtnern zu beginnen. Gertrud gilt als „erste Gärtnerin“, als Sommerbraut und Schutzheilige der Gärtner und Gemüsezüchter. Früher begann um diesen Tag die Feldarbeit. Und an diesem Tag schließen die Spinnstuben. Viele Sprüche ranken sich um diesen Tag:


Gertraud den Garten baut.

St. Gertrud die Erde öffnen tut.

Die Gertrud mit dem frommen Sinn, sie die erste Gärtnerin.

Friert’s an St. Gertrud, währt der Winter noch zwei Wochen.

Sieht St. Gertrud Eid, wird das ganze Jah nicht heiß.

St. Gertrud sonnig, wird’s dem Gärtner wonnig.

Sonniger Gertrudentag, Freud‘ dem Bauern bringen mag.

Gertraud nützt dem Gärtner fein, wenn sie kommt mit Sonnenschein.

Willst Du dicke Bohnen essen, darfst du Gertraud nicht vergessen.

An St. Gertrud ist es gut, wenn in die Erd‘ die bohnen man tut.

Gertraud sät Kraut.

Vier Tage nach der Hl. Gertrud, steht Benedikt am Gartentor und sorgt für dicke Möhren.


Mein Heilgarten am Wiesenberg - kein Wurzgarten - ein romantischer Garten! Das Bauerngartl in der Mühle entsteht 2023. Der Platz hat sich gezeigt und die Idee ist geboren!


Vier Tage nach St. Gertrud steht der Hl. Benedikt am 21. März bereits am Gartentor und erinnert uns an dicke Möhren:

„St. Benedikt macht Möhren dick!“

Und am 21. Oktober ruft uns die Hl. Ursula zu:

„Ursula duas Kraut rei, sunst schneibt’s nei!“

Ich liebe alte Bauernregeln und es belebt wahrlich einen Garten, wenn man hie und da ein Holzschild hängen hat, und dort in schöner Schrift die alten Weisheiten zum Besten gegeben werden.

Und so schenkt ein Gartenzaun, oft aus dem eigenen Holz gefertigt, einen würdigen Rahmen. Durch ein schön gestaltetes Gartentor gelangt man in den gut strukturierten Garten. Meist ist er rechteckig oder Quadratisch und die Fläche ist in mehre Beete aufgeteilt. Auf den Wegen sind Steinplatten oder sogar selbst gegossene Betonplatten, wie sie mein Opa machte, verlegt und in der Mitte ziert ein Wasserbecken, ein „Gronter“, den Garten. Ein einfacher Wasserhahn, einige Gießkannen aus Zink zieren das Bild.

Im Wurzgarten meiner Großmutter war die klassische Anordnung noch präsent. Die quadratische Fläche war in 4 – 6 Beete geteilt, selbst geschalte Betonmauern, mit Flechten überzogen sorgen für die Beeteinfassung. Mein Großvater machte so gut wie alles selbst. Er war ein echter Handwerksmann. In einem Beet wuchsen die großen Gurkenpflanzen, sie wurden auch mit Gläsern überdeckt, denn die Gurkenpflege war bei alten Bäuerinnen eine besondere Kunst. Oma wusste genau, wann der gurken gesät wurde, wann die empfindlichen Gurkenpflanzen gelüftet oder von der Sonne geschützt werden mussten.

Dann gabs natürlich ein Mistbeet und ein Tomatenbeet und ein Kräuterbeet und natürlich massenhaft Kopfpsalat und Kraut aller Art. Für meinen Großvater wuchs Rettich „Radi“ in großen Mengen. Rund um die Beete verliefen die Wege und zwischen Zaun und den Beeten lief ringsherum ein Streifen, in dem die typischen Bauerngartenblumen gepflanzt waren. Blüten davon zierten das Grab, die Hergottswinkel im Haus und natürlich waren sie der Stolz der Gärtnerin. Angefangen bei meterhohen Stockrosen, über Marienglockenblumen, Margeriten, Astern und Dahlien in allen Farben, endete die Blütenpracht zu Allerheiligen mit den Chrysanthemen. Auch diese durften im Bauerngarten nicht fehlen. Man nannte sie Allerheiligenbleami! Links vom Gartentürl stand auch gern der Flieder, eine Marienpflanze, öffnet der Strauch ja im Monat Mai seine duftenden Blüten.

Der Phlox und die Sonnenblumen zählen nach wie vor zu den Hinguckern in der Randzone und die wild ausgeästen Vergissmeinnicht zwischen den Steinplatten auf dem Weg waren immer einen Augenblick wert, um Stehenzubleiben und das Herz a Stückerl höher schlagen zu lassen. Oma pflanzte immer ihre Stiefmütterchen und Tagetes, ja Tagetes waren sowieso Pflicht. Diese säten sich oft selbst aus. Und so schwelge ich nach wie vor in den Erinnerungen an Omas Garten. Leider wurde er beim Umbau zerstört. Aber die Erinnerung lebt noch! Ich habe noch heute den Geruch der Erde in der Nase, oder wenn sie am Morgen die Beete mit Wasser versorgte und förmlich alles zu wachsen begann unter ihren Händen. Einmal sagte sie zu mir: Der Garten gibt mir Kraft in meinem Leben. In ihrer Kleiderschürze hegte und pflegte sie mit viel Liebe ihre heiligen Blumen und ihr Gemüse. Noch heute hat sie mit 92 Jahren ein kleines Hochbeet. Jeden Tag schaut sie nach ihrem Salat, ihren Karotten und ihren grünen Freunden.

In jedem Bauerngarten findet sich eine innere Ordnung, eine innere Struktur. Diese ist meist sehr einfach, um die Übersicht zu wahren. Ein Bauerngarten ist das Ebenbild der heiligen Geometrie im Garten.

Ein Bauerngarten ist das Ebenbild der Gärtnerin, des Gärtners, spiegelt seine Vorlieben. Welches Gemüse wird am Hof gegessen, welche Blumen bevorzugt und welche Kräuter verarbeitet. Ich getrau mir zu sagen, dass ein Bauerngartl ein wahrer Schatz ist, und der Wert für Gesundheit, Wohlbefinden und vor allem für die Freude unterschätzt wird. Gärtnern im Jahreskreis, im Einklang mit den Festen im Jahreskreis hat natürlich nicht gefehlt gestern Abend. Und die Gespräche mit den alten Menschen über Gartenweisheiten unserer Vorfahren waren das I-Tüpferl gestern Abend.


Und so reise ich weiter durch das Land, mische mich unter das Volk, das ich so sehr liebe und genieße das Geschichten Teilen rund um die Gärten der Menschheit.


Tinktur von Blüten und Stängelmark
Die Tinktur von Blüten und Stängelmark hat sich als gutes Hausmittel erwiesen. Sie ist sanft fiebersenkend uns wurde früher in der Volksmedizin als Chininersatz und als Malariamittel verwendet. Die Sonnenblume stärkt die Wesenheit unseres Herzens, da sie dem Bewusstsein der Sonne entspricht!

"Menschen sterben, aber Gärten wandeln sich nur! Dadurch lernen wir verstehen, dass die Seele bleibt!" - Monika Rosenstatter

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