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Es trug sich an einem heißen Junitag in Salzbuger Land zu. Es war der Tag der Sommersonnenwende gekommen und 16 Frauen waren für drei Tage in einem Frauenkreis zusammengetroffen. 16 1frauen kochten am Feuer im Steinkreis, tanzten ums Sonnwendfeuer, sangen, lachten, weinten und waren Forscherinnen. Jede der 16 Seelen hatte besondere Gaben auf ihrem Seelenweg gesammelt und im geschützten Kreis galt es diese Gaben wieder zu entdecken, ans Licht zu bringen, zu erwecken, ja lebendig werden zu lassen. Es war eine sehr ernste Aufgabe, denn jede Gabe wollte wieder zum Wohle aller eingesetzt werden.

So kam es denn auch, dass sich einige der Frauen noch in den frühen Morgenstunden zum Sonnenaufgang sich schweigend auf den Weg machten. In Stille begrüßten sie die Sonne um dann aber weiter zum alten Wasserbecken zu wandern. Ein „Königinnenbad“ wollten sie nehmen im 57 Mio Jahre alten Kalksteinbecken, in dem sich Tag für Tag seit Menschengedenken das Wasser sammelte um dann im freien Fall nach unten ins noch größere Becken zu fallen. Wie von sanfter Hand geführt, beschlossen sie in der noch morgendlichen Waldesruh ins kleine Becken zu tauchen. Das Wasser war gut und frisch und forderte von mancher Frau etwas Mut und Vertrauen. War ja kein Grund und Boden unter den Füßen zu spüren noch zu sehen. Jede tauchte ein und entstieg dem Becken sauber und wie neu geboren. Eine der weisen Frauen fragte in der tiefen Stille mit scharfsinnigen Forscherinnenblick: „Seht ihr die Göttin da auch im Stein? Dort am Beckenrand?“
Diese weise Frau hatte ja die Gabe die Landschaft zu lesen. Und obwohl der frühe Morgen nicht gerade ihre beste Zeit war, ja da konnte sie sogar mürrisch sein, was ein wild-weises Weib ja darf, hatte sie bereits ihren Blick für noch nicht Gesehenes, Vergessens bereits aktiviert. Na der Göttin sei Dank! Die weisen Frauen waren sehr berührt. Einige von ihnen tauchten nochmals ein, schwammen zur Göttin, die ganz klar eine Mutter mit Kind darstellte, und küssten und streichelten die in Stein verewigte Schönheit. Eine Mutter mit Kind in einem Dreieck. Die Morgenröte zog ins Land.

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Es war wohl an diesem Sommersonnwendtag eine Entdeckung die so manches wenden würde. Sonnwendtage waren immer schon Tage an denen Menschen Altes, Ausgedientes, Krankheiten und vieles mehr wendeten. Die Frauen waren sich ihrer Entdeckung wohl gar nicht so sehr bewusst, aber jede Einzelne spürte wohl tief drin im Herzen, dass eine Zeit der Wandlung bevorstand.

Nun so saßen sie dann wieder vereint im Frauenkreis. Alles 16 Frauen. Sie arbeiteten am heilsamen Handwerk, schliffen ihre Gaben, bis eine, es war die zweitjüngste, im Kreise sagte:“Seht ihr das Zeichen auf diesem Stein? Das ähnelt doch ganz der in Stein gemeißelten Göttin am Wasserbecken von heute Morgen?“

Da ward es still geworden. Sprachlosigkeit. Ich will Euch erzählen von diesem Stein. Im Frauenkreis lag nämlich ein handtellergroßer Stein. Er lag in der Mitte am hl. Feuer, zwischen Blumen, Räucherwerk und edlen Salben, roten, weißen und schwarzen Flusskieseln. In den handtellergroßen Stein war ein Göttinsymbol geschliffen. Nun begann sich der Kreis der im Laufe der Weiberzeit geschehenden Begebenheiten sich zu schließen. Dieser Stein wurde von einer der weisen Frauen, der Alten, mitgenommen und in die Mitte gelegt. Sie lud damit die Kräfte der großen Mutter für die Tage, in denen die Frauen die gemeinsame Zeit verbrachten, ein. So waren sie gut behütet. Jetzt war es so, dass die Frau den Göttinstein von einer Steinschleiferin als Geschenk zu ihrem Geburtstag in die Hände gelegt bekam. Die Steinschleiferin war eine ruhige, besonnene Künstlerin und kannte ihr Handwerk gut. Sie verstand es wundersam kräftige Symbole im Stein zu verewigen. Und was noch viel wundersamer war – sie wohnte 3 Gehminuten vom Wasserbecken in welchem die Frauen am Morgen die „Mutter mit ihrem Kind in Händen“ , die Göttin entdeckten. Die Frauen hatten eine so große Freude, dass sie beschlossen die gute Steinschleiferin zu sich zu holen. Sie sandten nach ihr. Die Steinschleiferin folgte dem Ruf und ein Kissen wurde für sie im Kreise gerichtet. Ei Platz wurde ihr zuteil. Ganz aufgeregt berichteten ihr die Frauen von der Göttin im Stein am Wasserbecken und dass sie ja ganz dem Symbol auf dem von ihre geschliffenen Stein glich. Sie war sehr gerührt. Wusste sie doch nie so recht, welches Symbol sie so gerne in Stein verewigte. Nur dass es tief aus ihre herauskam. Dieses Gefühl. War es der Ruf dieser alten, uralten Kraft der Göttin, der Mutter mit dem Kind? Spürte sie diesen Ruf der alten Göttin und ließ ihn sichtbar werden? Waren die Hüterinnen des alten „Kindlbeckens“ zurückgekehrt? Wollte dieser alte „Ort der Heilung“ der Schöpfung wieder erkannt, gesehen werden? Nun es war dies ein besonderer Moment für diese Frauen, für diese uralte Seelenfamilie, waren sie doch von nah und fern aus dem ganzen Land angereist, sogar aus dem angrenzenden Bayernland. Ganz achtsam trugen sie diesen Moment in sich und zogen wieder alle von Dannen, gingen ihre Wege, schenkten ihre Gaben den Menschen. Zum Wohle aller.

Es ward über ein halbes Jahr vergangen, es war die Zeit zwischen Neujahr und Lichtmess. Es war Jänner. Die Zeit des klaren Sehens. Einige bezeichnende Begebenheiten trugen sich im Hintergrund des Alltagsschleiers zu. Und so will ich Euch die Geschichte weiter erzählen. Es war ja das besagte Becken im Teufelsgraben eingebettet. Jederfrau und Jedermann, auch Kind und Kegel kannten den Teufelsgraben. Und es war da ein sehr leutseliger Bauer, der viele Menschen mit Fackeln geschichtenerzählend durch den Teufelsgraben führte. Er verstand es die Menschen zu begeistern, vor allem mit der Sage vom Teufel im Teufelsgraben. Es war dem Bauern aber schon seit einiger Zeit unwohl. Nämlich immer dann, wenn er die Sage von der Magd, dem Teufel, dem Fußabdruck des Teufels im Wasserbecken erzählte. Ja, liebe Leute, manche Geschichten ändern sich im Laufe der Zeiten, dürfen sich wandeln, werden gewendet. Und so war es, dass der Bauer suchte und forschte, warum ihm denn diese Sage vom Teufel so gar nicht mehr gut bekam. Er ging zu einer weisen Frau im Dorf, welche ihm wohl guten Rat gab, weiterhelfen konnte. Doch blieben noch Fragen offen und der Bauer hatte so ganz für sich schon nach einigen wichtigen Erkenntnissen beschlossen, diese Sage dem Volk so nicht mehr erzählen zu wollen. Oh, ja… ich muss sagen… sehr weise und zur Veränderung bereit war der Bauer. Hut ab. Genau… er trug immer einen lustigen Hut mit einer kleinen Feder drauf glaub ich. So ein Hütli. Ein Geschichtenhütli.

Und wie es so ist, wenn Dinge ihren Lauf nehmen, beschloss die weise Frau, welcher der Bauer ihr Leid klagte, zur „Alten“ im Dorf zu gehen. Sie suchte Antworten bei ihr. Und da begann das fast für den Bauern und die Frau endlos erscheinende Puzzle sich zusammenzufügen. Es wäre da noch viel zu berichten, das kann ich Euch sagen, was hinter den vielen Schichten geschah, doch diese Geschichten dürfen nun zur Ruhe kommen, sind nicht bestimmt dafür, aufgewärmt zu werden. Magisch anmutende Dinge passierten. Die Frau und die „Alte“ fügten der Puzzlesteine viele zusammen. Alte, alte Verstrickungen lösten sich. Der Bauer war erleichtert, als er am selben Tag noch davon hörte. Die „Alte“ war eine jener Frauen, welche die MutterKind- Figur am Becken im Teufelsgraben erspähten. Keine Menschenseele in diesem Jahrhundert und noch davor hatte ja je zuvor diese Figur gesehen. Sie schlummerte im Dornröschenschlaf, wurde vom Teufel überlagert und wäre fast in Vergessenheit geraten. Sollte etwa die Sage des Teufels nun zur Legende werden? Würde der Teufel verabschiedet werden und der sanften Kraft des heilsamen Wassers im Becken des Kargrabens weichen? Würde das sanfte Flüstern des Wassers, das glucksende Plätschern des Baches wieder gehört werden? Würde das alte Lied wieder erklingen dürfen? Die „Alte“ überlegte. Sie beschloss der ratsuchenden Frau von der Göttinfigur im Teufelsgraben zu erzählen. Denn sie wusste, nur so konnte der Bauer endgültig vom Teufel und der geplagten Magd loslassen. Und die Frau trug sogleich diese Botschaft an den Bauern weiter und gemeinsam mit dem Bauern suchten sie die Göttin am Wasserbecken und fanden sie auch. Dieses wunderbare Bild von Mutter und Kind im Dreieck, in Stein gemeißelt. Der Bauer berichtete vor Freude einem anderen Mann im Dorf davon, es sollte auch sogleich ein Archäologe zur Begutachtung herangezogen werden. Tja… aber er besuchte auch die „Alte“. Und als sie so beisammen saßen, breitete die „Alte“ all die wundersamen Zusammenhänge vor ihm aus, von denen ich gar nicht alles berichten kann, weil es zu weit in so viele Ebenen reicht. Die „Alte“ zog eine andere Forscherin zu Rate. Auch diese stammte aus dem Kreis der 16 Frauen. Diese hatte die Gabe auf den Spuren der Göttin, auf den ganz alten Frauenpfaden zu wandern, Steinkulte und Wasserbräuche zu ergründen. Sie trug nun viel mit ihrem Wissen bei. Sie erzählte davon, dass das Becken im Teufelsgraben wohl ein viele Zeiten altes“ Kindlbad“ gewesen sein könnte. Hier dürften die Frauen früher in den alten Zeiten gebadet haben, um die Seelchen ihrer Kinder herbeizuholen, eizuladen. Viele der Kindlbecken gabs in unserm Land. Alle vergessen, verdrängt, überwuchert, verschleiert durch Sagen, oder eben wie hier durch den Teufel. Sie sprach auch den Namen Kargraben an, denn so hieß der Teufelsgraben noch vor dem 19. Jahrhundert. Nur der Wildkarwasserfall hat seinen Namen behalten, aber auch dieser Name war schon im Begriff vom Teufelsgraben verdrängt zu werden. Sie wusste um das Symbol des Dreiecks, in welches die Mutter mit dem Kinde eingebettet war, um alte Wassergebete, und unsäglich vieles mehr. Eine begnadete und ernsthafte Forscherin auf diesem Gebiete. Er Bauer lauschten den Ausführungen der „Alten“. Da „Kar“ stand auch immer für den Schoß, den Trog, das Char, die Furche, der großen Göttin aus dem die Seelchen geboren um in dieser Welt empfangen zu werden. Nachdenklich war der Bauer. Auch die „Alte“. Denn jetzt war der Moment gekommen, waren sie an jenem Punkt angelangt, wo es galt nicht dieses Wissen zu vermarkten, sondern die Weisheit aus den vielen Erkenntnisse zu leben und wieder wirken zu lassen. Da erinnerte sich die „Alte“ an die Worte einer anderen weisen frau aus Bayern. Auch sie war eine eine aus dem Geschlecht der Froscherinnen. Sie verstand es Geschichten und Sagen zu schöpfen, und Alltagsnarrereien zum Besten zu geben. Ihre Worte passten wohl am besten für diesen Moment dieser Geschichte: „Was ist darf sein, und was sein darf, darf sich wandeln.“

Und so verabschiedete sich ganz friedlich der Teufel, die Magd aus der Sage und viele andere Seelen fanden ihre Ruhe. Der Teufelsgraben dürfte sich womöglich sogar wieder in den Kargraben, der er doch schon so lange war, zurückverwandelt haben, die Göttin am Kindlbecken beim Wasserfall begleitete noch viele Frauen bei ihre Heilung und verströmte ihre sanfte Ausstrahlung übers Land hinaus. Aber nicht nur die Frauen, auch die Männer fanden ihren Frieden, wenn sie dem glucksenden Wasser lauschten, und am Rande des Beckens zur Ruhe finden konnten.

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Diese 16 wild-weisen Frauen haben sich so in diesem Kreise nie wieder getroffen. Denn es wurden immer mehr Frauen. Auch die eine Frau, die dem Bauer die Botschaft überbrachte, gesellte sich zum Frauenkreis. Immer wieder trafen sie sich am Steinkreis, kochten am Feuer, badeten im Kindlbecken, besuchten die Steinschleiferin, kehrten in der Mühle zu und trugen das Symbol der Mutter mit dem Kind, die Kraft der Mutterliebe, in Form der geschliffenen Steine und ihren wundergaben Gaben, welche sie hier lehrten, austauschten und wiederentdeckten in die Welt hinaus. Zum Wohle aller. Die „Alte“ führte so manche Frau an diesen Ort. Ungeweinte Tränen fanden ihren Lauf, tropften ins Becken der Göttin und viele Wunden wurden geschlossen und gewandelt. Der Bauer führte weiterhin viele Menschenseelen durch den Kargraben und zeigte ihnen im Schein der Fackeln die Schönheit der Natur. Und auch er entdeckte seine Gabe. Er hatte die Gabe heilsame Geschichten zu erzählen. Immer zog er die Geschichte aus seinem Hut, die die Menschen gerade brauchten. Es waren gute Geschichten. O webte jede und jeder seinen Faden ins Gewebe dieser Geschichte ein. Zum Wohle aller. Ach ja… und ein junger Mann, einer von denen die es bereits ganz gut verstanden so ganz im Jetzt zu leben, er war maßgeblich am ganzen Gewirk beteiligt. Übersetzte er doch der „Alten“ so manche Botschaften, auch die einer fernen Schamanin… da war was mit dem Teufel und dem Täubling… ach ja, der junge Mann verstand genau zum richtigen Moment den Raum für die Wandlung dieses großen uralten Gewebes zu öffnen. Ein Evolutionär.

Das war nun die lange, lange Geschichte der Mutter mit dem Kind vom Kargraben, vom Kindlbecken, von dem was nicht mehr ist, von dem was immer war und von dem was wieder sein wird. Die Geschichte reichte vom fernen Gestern - übers jetzige Heute – bis hinein ins nahe Morgen.

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